Sofia – Bulgarien steht kurz davor, im Juni grünes Licht aus Brüssel für den Beitritt zur Eurozone zu erhalten. Doch während Institutionen und Banken bereits auf den Wechsel vorbereitet sind und die Münzdesigns – mit dem Schriftzug „Gott schütze Bulgarien“ – genehmigt wurden, wächst im Land der Widerstand.
Seit Anfang des Jahres mobilisieren Gegner des Euro-Beitritts in landesweiten Protesten. Sie fordern ein Referendum und warnen vor einem „wirtschaftlichen Desaster“. Der ehemalige hohe Beamte Nikolaj Ivanov verglich den Beitritt zur Eurozone mit dem „Betreten der Titanic“. Viele Bürger erinnern sich an die verheerende Wirtschaftskrise von 1996–1997 mit über 300 % Inflation und dem Zusammenbruch von 14 Banken.
Laut aktuellen Umfragen lehnt nahezu die Hälfte der bulgarischen Bevölkerung den Euro ab. Besonders stark ist die Ablehnung in ländlichen Regionen und Kleinstädten, wo das Vertrauen in europäische Institutionen niedrig und wirtschaftliche Unsicherheit hoch ist. „Die Armen fürchten, noch ärmer zu werden“, sagt Boriana Dimitrowa von Alpha Research.
Politisch befeuert wird der Protest insbesondere von der rechtsnationalistischen Partei „Wazraschdane“. Auch Präsident Rumen Radew überraschte im Mai mit einem Aufruf zu einem Referendum – ein Schritt, den Verfassungsrechtler als verfassungswidrig einstufen. Experten sprechen von einem kalkulierten Manöver zur Mobilisierung enttäuschter Wähler. Auf Demonstrationen sind mittlerweile auch russische Flaggen zu sehen, begleitet von Desinformationen wie der Behauptung, Brüssel wolle bulgarische Ersparnisse „für die Ukraine beschlagnahmen“.
Während in Sofia und anderen Großstädten der Euro als integrativer Schritt begrüßt wird, kämpfen proeuropäische Stimmen im Rest des Landes mit Misstrauen, Unwissen und gezielter Desinformation.